Geschichte der NBK

Errichtung der Nordischen Bischofskonferenz

Bischof Wilhelm Gran, Die nordische Bischofskonferenz. Eine Übersicht über 25 Jahre (katholisches Bistum Oslo 1986) - Auszug

Das erste bekannte Bischofstreffen fand in Göteborg im Mai 1923 statt. Die apostolischen Vikare für Schweden - Bischof Johannes E. Müller, für Dänemark - Bischof Josef Brems, O.Präm. - und für Norwegen - Bischof Jan OIav Smit - diskutierten Themen von gemeinsamem Interesse. Als Beispiel kann genannt werden: die weiblichen Ordensgemeinschaften, Förderung des geistlichen Lebens der Priester, aber vor allem die Vorbereitung des anstehenden Besuchs von Kardinal Willem van Rossum, den Präfekten der Propagandakongregation und darüber hinaus des ersten Kardinales, der Skandinavien nach der Reformation besuchte.

Das nächste Treffen der Bischöfe geschah in zwei Etappen: Erst in Stockholm am 12. August 1923. Bischof Müller empfing die Bischöfe Brems und Smit auf dem Weg nach Helsingfors. Während einer festlichen Zusammenkunft trat Bischof Müller für eine engere nordische Zusammenarbeit ein und kündigte an, dass ein bedeutender katholischer Kongress in Bälde in Kopenhagen stattfinden sollte. Allerdings sollten 9 Jahre vergehen, bevor dieser Plan realisiert werden konnte.

Die zweite Etappe wurde am 15. August in Helsingfors angegangen, als Bischof M.J. Buchx, S.C.I. durch Kardinal von Rossum zum Bischof geweiht wurde. Das einzig bekannte Diskussionsthema für die Sitzung des folgenden Tages war das eindringliche Anliegen des Kardinalpräfekten, ein kleines Seminar im Norden zu errichten. Die Bischöfe erklärten sich bereit, diese Aufforderung ernst zu nehmen trotz der vielen großen Schwierigkeiten, die das mit sich bringen würde.

Das dritte Treffen fand im Februar 1924 in Kopenhagen statt. Zusätzlich zu den 4 genannten Bischöfen nahm auch der Leiter der neuerrichteten apostolischen Präfektur Island, Pater Marteinn Meulenberg, S.M.M. daran teil. Somit waren erstmals die Oberhirten der 5 nordischen Länder versammelt. Die Gespräche, die als „privat und informativ" charakterisiert wurden, schienen eine Fortsetzung der vorangegangenen gewesen zu sein.

Eine weitere Zusammenkunft fand in Stockholm im Jahr 1927 statt, ist aber leider nicht dokumentiert.

Im August 1932 fand dann endlich der in Stockholm geplante nordische eucharistische Kongress in Kopenhagen statt. Alle fünf Länder waren repräsentiert. Bischof Smit  war  im Jahr 1928 zurückgetreten, und der neuernannte Bischof Jacques Mangers, S.M. kam als Repräsentant für Süd-Norwegen, nachdem das Land ein Jahr zuvor in drei Jurisdiktionen eingeteilt worden war. Unter den vielen ausländischen Geistlichen muss der Erzbischof von Poznan und Gniezno - Kardinal August Hlond- genannt werden, aber vor allem nochmals Kardinal Willem van Rossum, der trotz seiner fortgeschrittenen Krankheit seine Zusage einhalten wollte. Er starb schon einige Wochen später. Anscheinend ließ das volle Programme keine weiteren Beratungen zu.

Wesentlich mehr ist über den Inhalt der nächsten Zusammenkunft in Stockholm im April 1936 bekannt, als Bischof Müller ein zweitägiges Treffen mit den Bischöfen Brems und Mangers und William Cobben S.C.J., dem neuen Apostolischen Vikar Finnlands leitete. Island war nicht repräsentiert.  

Die Themen auf der Tagesordnung tauchten auch auf späteren Bischofskonferenzen immer wieder auf: Wie Priester- und Ordensberufungen gefördert werden können - nicht zuletzt auch das geistliche und zeitliche Wohl der Kandidaten; das „Image" der katholischen Kirche, wie es sich in der Vergangenheit in den Massenmedien widerspiegelte; die grundliegenden Richtlinien für die Seelsorge; die Bedeutung von Hörbüchern für die sog. „heimlichen Katholiken" usw.

In einem Dreipunkte-Bericht, der an die Propaganda Fide in Rom gesandt wurde, heißt es:

1.      Es ist wichtig, die lokalen katholischen Institutionen an die Kultur der nordischen Länder anzupassen.

2.      Es sollte ein nordisches Kleinseminar errichtet werden.

3.      Nichts schadet dem Katholizismus mehr als ein unmoralisches Auftreten und Empörung innerhalb der Kirche.

Die Reaktion aus Rom auf diese Eingabe führte dazu, dass die Oberhirten nur drei Monate später nochmals in Kopenhagen zusammenkommen mussten, um die Diskussion weiterzuführen. Das Seminar, das den deutschen Schulbrüdern unterstand, wurde mit einer Handvoll dänischen und schwedischen Schülern eröffnet. Das unpraktische - um nicht zu sagen das Unmögliche an dieser Konstruktion wurde bald offenbar und Bischof Theodor Suhr, O.S.B., der Bischof Brems im Jahr 1939 nachfolgte, ließ das Seminar im gleichen Jahr schließen.

Ziemlich genau 10 Jahre - und einen Weltkrieg - mussten zurückgelegt werden, bevor die Bischöfe wieder zusammenkommen konnten. Das geschah in Stockholm vom 11.-14. Juni 1946. Die Teilnehmer waren - mit Ausnahme von Bischof Suhr dieselben wie beim letzten Mal. Außerdem kamen die Präfekten Antonius Deutsch, SS.CC und Johannes Wember, M.S.F. von Zentral- bzw. Nord-Norwegen. Island fehlte.

Fünf Punkte standen auf der Tagesordnung: Die Finanzierung und Verwaltung der kirchlichen Institutionen; die Situation der Priester und Ordensschwestern mit dem Schwerpunkt auf der Neurekrutierung einschließlich der disziplinären und arbeitsmäßigen Verhältnisse; Richtlinien und Hilfsmittel für die weitere Entwicklung der Ortskirche (Literatur, Liturgie usw.); Ehefragen...

Eine letzte Ratssitzung fand in Oslo vom 23.-30.09.1951 statt. Auf der Tagesordnung stand u.a. der Wunsch nach einer einheitlichen Praxis für die Fastenzeit, für die Gottesdienstordnung, für Dispensvollmachten und Veröffentlichungen katholischer Literatur, Mittel und Möglichkeiten nordische Priester- und Ordensberufungen zu fördern, Ehefragen... Ein wichtiges und sehr spezielles Anliegen, dass allmählich in den Nachkriegsjahren gereift war, wurde von Bischof Suhr eingebracht: Die Zeit schien nun gekommen zu sein, meinte er, eine "Interimsordnung" mit Hinblick auf die apostolischen Vikariate zu entwickeln. Man wurde sich einig, Rom um eine Statusänderung für die fünf Vikariate zu bitten, eine Initiative, die bald mit Erfolg gekrönt werden sollte.

Die nordischen Bischöfe kamen so oft wie möglich und nötig bei speziellen kirchlichen Begebenheiten zusammen, wie z.B. bei einer Bischofsweihe oder Bischofseinsetzung, bei verschiedenen Jubiläen usw.

Die Vorgeschichte für diese informelle Konferenztätigkeit endete, als Papst Johannes XXIII. einen permanente apostolischen Visitator in die fünf nordischen Lande entsandte (Erzbischof M.H. Lucas), eine Ordnung, die schon bald zur Errichtung der Apostolischen Delegation für Skandinavien führen sollte. Das geschah am 1. März 1960, mit Erzbischof Lukas als oberstem Leiter.

Die Errichtung der Nordischen Bischofskonferenz erfolgte nur zwei Monate nach der Apostolischen Delegation. Nach der Einberufung durch den Apostolischen Delegaten, trafen sich die nordischen Oberhirten vollzählig  am 1. Mai 1960 zu einer Sitzung auf Marias Minde bei Bergen. Hauptziel war eine gemeinsame Bischofskonferenz für die fünf Länder zu gründen. Mehrere der Teilnehmer waren dieselben wie 1951. Neu war der isländische Bischof Johannes Gunnarson, S.M.M. und Bischof Rüth, samt Bischof Nelson, der Bischof Müller als Bischof von Stockholm folgte.

Nach einigen Tagen einleitender Diskussionen konnten die Bischöfe am 4. Mai die Errichtung des „Conventus Ordinariorum Scandiae", wie der erste lateinische Name der Bischofskonferenz lautete beschließen. Nach einer geheimen Abstimmung wurden die Bischöfe Suhr und Nelson (beides dänische Benediktinermönche) zum Vorsitzenden bzw. dessen Stellvertreter gewählt.

Die Konferenz, die eine ganze Woche dauerte, wies  schon einige Grundzüge auf, die typisch für Bischofskonferenzen in Folge des Vatikankonzils in der ganzen Welt waren. Einigkeit wurde in verschiedenen Bereichen erzielt, z.B. im Hinblick auf gemeinsame Fasten- und Abstinenztage, Kleidung der Priester, inter-nordische Beicht-Jurisdiktion, eine gemeinsame nordische Adressenliste und ein gemeinsamer Kalender, die kirchenrechtlich korrekte Eheschließungsformel, Messdienervereinigung, ein jährlicher Sonntag für Berufungen und ähnliche gemeinsame Anliegen....

 Interessant zu bemerken ist, dass es in der Zeit alles andere als obligatorisch war, Bischofskonferenzen zu gründen. Unser nordisches Forum bildete ein freiwilliges Organ zur gemeinsamen Stütze und Zusammenarbeit. Und so war es für die meisten europäischen Bischofsräte, die erst als Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) etabliert wurden. Obwohl das päpstliche Staatssekretariat die nordische Initiative ermunterte, indem es ein Gratulationstelegramm schickte, war es einleuchtend, dass Rom weder dieser noch anderen existierenden Konferenzen eine formelle Anerkennung gab. Rom brauchte auch solche Konferenzen nicht als konsultative Organe. Aber alles das war schon am Horizont sichtbar. Das dem Vatikankonzil innewohnende Bedürfnis sollte zu einer Strategieveränderung führen.
 
Das ökumenische Konzil versammelte rund gerechnet 2500 Bischöfe und leitende Prälaten aus allen fünf Kontinenten. Es leuchtete bald ein, dass eine Aufteilung dieser massiven Versammlung notwendig war. Die Frage war nur, wie das gemacht werden sollte. Die Antwort ergab sich von selbst: Man sollte die teilweise existierenden Foren ausbauen, also die Bischofskonferenzen. Deren Zusammensetzung folgte normalerweise den Landesgrenzen, wie es z.b. auf die deutsche Bischofskonferenz seit über 100 Jahren zutraf. Eine ad hoc Errichtung einer Reihe solcher nationaler Konferenzen wurde in Gang gesetzt - hier und dort mit dem einzigen Ziel, die Ausführungen von gemeinsamen Stellungnahmen zu Konzilsdokumenten zu vereinfachen und zu erleichtern. Auf diese Weise wurde einem jeden Bischof, der im Namen einer Bischofskonferenz um Sprechzeit bat, der Vorzug gegeben.

Das Konzil selbst erkannte schon bald den praktischen Nutzen dieser neuen Organe und meinte, dass sie bewahrt und institutionalisiert werden sollten. Es war auch klar, dass die römische Kurie, die normalerweise den Kontakt mit den einzelnen Bistümern pflegte, im Hinterkopf hatte, einen Teil der Arbeitslast und Verantwortung mit diesen größeren Einheiten zu teilen. Nach langen Diskussionen und vielen Versuchen, Richtlinien zu formulieren, konnte das Konzil im Oktober 1965 in seinem Dekret „Christus Dominus" (Über das Hirtenamt der Bischöfe in der Kirche) die notwenigen Rahmenbedingungen festlegen. Am 6. August 1966 erfolgte das päpstliche motu proprio „Ecclesiae Sanctae", das die nötigen Ausführungsbestimmungen brachte.

Obwohl nun universelle Richtlinien vorlagen, war es nun an den Bischofskonferenzen, die jeweils für sich eigene Statuten ausarbeiten mussten um die Anerkennung durch den Heiligen Stuhl ansuchen mussten.

Die Nordische Bischofskonferenz hatte ihre Statuten bereits im Jahr 1962 fertig ausgearbeitet und approbiert. Als das Vatikankonzil die Errichtung der Bischofskonferenzen generell institutionalisierte, wurde es notwendig, ein neues Regelwerk auszuarbeiten. Diese Aufgabe, die mit einem Revisionsprozess über vier Plenarversammlungen im Jahr 1965 verteilt begann, wurde seither regelmäßig wieder aufgenommen. Rom zog es nämlich vor, solche Statuten für eine Fünfjahresperiode „ad experimentum", wie die Formulieren hieß, anzuerkennen. Als das neue Kirchenrecht am ersten Adventssonntag 1983 promulgiert wurde, mussten die meisten Bischofskonferenzen einige Feinjustierungen ihrer Statuten vornehmen. Die Nordische Bischofskonferenz nahm diese Revision währen ihrer Versammlung in Stelle Maris bei Helsinki, am 27. September 1984 vor, und sandte das Resultat direkt nach Rom und erhielt zum ersten Mal die unbedingte und permanente Anerkennung seiner Statuten. Das geschah am 19. Januar 1985.