Maria Magdalena wird liturgisch aufgewertet: Ihr „gebotener Gedenktag“ am 22. Juli wird künftig in der ganzen römisch-katholischen Kirche als „Fest“ eingestuft. Ein kleiner Schritt aufwärts im „Who is who“ der Heiligen, aber ein großer Schritt für die Wertschätzung der Rolle von Frauen in der Kirche. Die Gleichstellung Maria Magdalenas mit den Aposteln erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus und soll auch das kirchliche Nachdenken über die Würde der Frau anregen.
Thomas von Aquin nannte sie „Apostolin der Apostel“, denn sie folgte Jesus nicht nur bis unters Kreuz, sondern wurde nach Angaben des Johannes-Evangeliums auch zur ersten Zeugin seiner Auferstehung. So zitiert das Schreiben der Gottesdienstkongregation, welches die Aufwertung erklärt, den großen Theologen. Maria Magdalena sei es auch gewesen, die den verzagten Aposteln die Frohe Botschaft von Jesu Auferstehung brachte – diese Frau sei das entscheidende „missing link“ zwischen der Karfreitags-Bestürzung und dem Osterjubel. Mit einem Dekret vom 3. Juni namens „Apostola Apostolorum" hat der Papst nun entschieden, sie – zumindest was den Rang ihres Gedenkens im Heiligenkalender betrifft – den Aposteln gleichzustellen.
Paradigma für Rolle von Frauen in der Kirche
Maria Magdalenas Fest bleibt der 22. Juli, auch die Texte in Messfeier und Stundenbuch bleiben. Besonders ist, dass nun ein eigener Präfations-Text hinzu kommt: dies ist der Fall nur bei wenigen anderen Heiligen. So haben alle Apostel bis auf Petrus und Paulus dieselbe Präfation; im deutschen Messbuch haben ausschließlich Elisabeth von Thüringen und Hedwig eine eigene. Die Messbücher werden angepasst, wie das von Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Liturgiekongregation, unterzeichnete Dekret festlegt. Maria Magdalena wird in dem lateinischen Text ausdrücklich als „Paradigma für das ministerium von Frauen in der Kirche“ vorgestellt; „ministerium“ bedeutet zunächst „Dienst“, aber auch die Übersetzung „Amt“ schwingt da in manchen Sprachen durchaus mit. Der neugefasste Text der Präfation (also der einleitenden Worte zum Hochgebet an ihrem Fest) formuliert, Christus habe Maria Magdalena „den Aposteln gegenüber mit dem Apostelamt geehrt“. In diesem Fall fällt nicht das Wort „ministerium“, sondern „officium“. Den offiziellen deutschen Wortlaut dieser Präfation müssen die Bischofskonferenzen deutscher Sprache in Zusammenarbeit mit Rom erst noch erstellen.
In dem Begleitschreiben weist Erzbischof Arthur Roche, Sekretär der Liturgiekongregation, darauf hin, dass der „aktuelle kirchliche Kontext“ dazu aufrufe, „tiefer über die Würde der Frau“ nachzudenken. „Maria Magdalena ist das Beispiel einer wahren, authentischen Verkünderin der Frohen Botschaft: einer Evangelistin, die die frohmachende, zentrale Botschaft von Ostern verkündet.“
Diese Rolle der Heiligen unterm Kreuz und am offenen Grab ist das Entscheidende – nicht dagegen, ob Maria aus Magdala mit der Sünderin zu identifizieren ist, die im Haus eines Pharisäers wohlriechendes Öl über die Füße Jesu gegossen hat. Oder ob sie die Schwester von Lazarus und Marta aus Bethanien war. Die kirchliche Tradition der Westkirche hat diese Identifizierungen vorgenommen, was zu vielen Ausformungen in Kunst und Literatur geführt hat, doch viele Forscher sind da skeptisch.
„Sicher ist, dass Maria Magdalena zum Kreis der Jünger Jesu gehörte“, so Roche in dem Schreiben, „dass sie ihm bis zum Kreuz folgte und dass sie im Garten, in dem das Grab Jesu war, zur ersten Zeugin der göttlichen Barmherzigkeit wurde“. Der Erzbischof sieht in dieser Gartenszene sogar eine Parallele zum Garten Eden; Maria Magdalena rückt in dieser Perspektive in den Rang einer neuen Eva. Üblicherweise wird dieser Vergleich zur Stammmutter Eva eher mit Maria, der Mutter Jesu, angestellt.
Erzbischof Roche bekräftigt in seinen Erläuterungen ausdrücklich den Apostelrang von Maria Magdalena. „Sie ist Zeugin des auferstandenen Christus und verkündet die Botschaft von der Auferstehung des Herrn, wie die übrigen Apostel. Darum ist es richtig, dass die liturgische Feier dieser Frau denselben Grad eines Festes erhält wie die Feiern der Apostel im Römischen Generalkalender.“ Zwei Apostel allerdings stechen auch künftig liturgisch hervor: Die sogenannten „Apostelfürsten“ Petrus und Paulus haben, am 29. Juni, ein eigenes Hochfest. (Quelle: Radio Vatikan)